Ein Einblick in die "Fluchkultur"
Geschrieben von Karin am 20. Nov 2006 20:58:
Überall auf der ganzen Welt wird geflucht - aber nicht überall auf dieselbe Weise. Als Sprachwissenschaftlerin gab ich einem Vortrag in Potsdam mit dem Titel "Mit Schimpf und Schande" einen Einblick in unterschiedliche "Fluchkulturen".
Die Basis für Flüche sind vor allem der Fäkalbereich und der Sexualbereich, aber auch blasphemische Ausdrücke eignen sich für Flüche - in bestimmten Gegenden. Eine Hauptthese der "Malediktologen", das sind die Sprachwissenschaftler, die sich mit Flüchen und Schimpfwörtern befassen, ist: Vor allem das, was in einer Gesellschaft oder Religion am stärksten tabuisiert ist, bringt die härtesten und verletzendsten Wörter hervor.
So ist es kein Wunder, daß die blasphemischen Flüche vor allem in katholischen Gegenden zu hören sind. In Indianersprachen, aber auch im Russischen und anderen slavischen Sprachen gibt es mehrere Ausdrücke, deren Provokation bei der Mutterverehrung ansetzt. Im Deutschen ist es vor allem der Fäkal- und Analbereich, aus dem zahlreiche Flüche entnommen sind. Wer eine andere Sprache lernt, sollte auch deren wesentlichste Flüche kennen, zumindest passiv. Denn manchmal kann man sich mit einem vermeintlich gutgemeinten Wunsch in die Nesseln setzen. Wer etwa einem Chinesen wünscht, daß er "Schwein haben" möge, tut ihm nichts Gutes, sondern verletzt ihn sehr. Das Fluchen "funktioniert nur, wenn beide Seiten die Schimpfworte verstehen, sonst kann es zu bösen Überraschungen kommen.
Karin Büchle